Mobbing
Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber gemobbt werden, können Ihnen hieraus Schadenersatzansprüche erwachsen. Gerne helfe ich Ihnen bei der Durchsetzung.
Seit 2001 setzt sich die Rechtsprechung immer häufiger mit den individualrechtlichen Folgen des „Mobbings“, wie Schmerzensgeld- und Unterlassungsansprüchen, sowie der Kündigung des „Mobbing-Täters“ auseinander.
Die Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) stammt vom 16.05.2007 unter Aktenzeichen 8 AR 709/06. „Mobbing“ ist an sich kein Rechtsbegriff, vielmehr ist es der Rechtsprechung und der Arbeitsrechtswissenschaft gelungen, Sachverhalte, die von den Prozessparteien als „Mobbing“ bezeichnet worden sind, rechtlich einzuordnen. Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher und schadensrechtlicher Relevanz geprägt. Man kann „Mobbing“ allgemein bezeichnen als das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Es findet also eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und ggf. auch der Gesundheit des Arbeitnehmers statt, wobei Teilaspekte hiervon für sich alleine betrachtet neutral sein können. Es geht also mehr um das systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende Verhalten eines Mitarbeitnehmers oder eines Vorgesetzten, welches irgendwann einmal die Schwelle zum „Mobbing“ überschreitet.
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmer vor Rechtsgutsverletzungen durch Dritte zu schützen. Er muss also auch dann eingreifen, wenn ein Arbeitnehmer durch einen anderen Arbeitnehmer des Betriebes in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt wird. Für die anderen Arbeitnehmer haftet der Arbeitgeber auf der Grundlage des § 278 BGB als seine Erfüllungsgehilfen.
Abzugrenzen ist das „Mobbing“ von allgemeinen Konfliktsituationen, die immer wieder einmal zwischen Arbeitnehmern oder zwischen einem Arbeitnehmer und einem Vorgesetzten entstehen können. Meinungsverschiedenheiten über Sachfragen, Beurteilungen und die Bewertung von Arbeitsergebnissen stellen regelmäßig keinen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar. Auch mehrere, in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochene Abmahnungen müssen nicht zwingend Rechte des Arbeitnehmers verletzen. Kündigt der Arbeitnehmer selbst wegen „Mobbings“ außerordentlich, so beschränkt sich der Ersatzanspruch auf den bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist entgangenen Verdienstes (BAG 26.07.2001 – 8 AZR 739/00, NZA 02, 325). Hier ist besonders zu beachten, dass der Arbeitnehmer insoweit den Arbeitgeber zuvor abmahnen muss, damit dieser auch die Möglichkeit hat, sein eigenes Verhalten oder auch das der anderen Arbeitnehmer zu ändern. Der Arbeitgeber kann dies z. B. tun durch eine Abmahnung gegenüber dem anderen Arbeitnehmer seines Betriebes, von dem aus das „Mobbing“ erfolgt. Es kommen auch Ansprüche auf Schmerzensgeld in Betracht (LAG Hamm 15.03.2012 – 15 Sa 1424/11) und eine angemessene Entschädigung, basierend auf den §§ 823 ff. BGB in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz.
Die Höhe der Entschädigung orientiert sich insbesondere am Ausmaß des Verschuldens und an Art und Intensität der Beeinträchtigung (BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 15, 994). Der Betrag ist jedenfalls so zu bemessen, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Genugtuung erfährt. Hierbei sind auch die Dauer und der Verlauf des Arbeitsverhältnisses im Übrigen zu berücksichtigen.
Der Arbeitnehmer hat im Falle des „Mobbings“ die Möglichkeit, gegen Vorgesetzte und Kollegen direkt vorzugehen. Dies kann er jedoch nur mithilfe des Deliktsrechtes tun. Zu achten ist auf die Kausalität und die Rechtsfolgen. Diese richten sich nach dem allgemeinen Recht. Es wird hierbei vorausgesetzt, dass eine Kausalität zwischen der Verletzungshandlung und dem Schadenseintritt vorhanden ist. Zu ersetzen ist der Vermögensschaden, also z. B. der Verdienstausfall und die Krankheitskosten. Weitere Ansprüche ergeben sich aus § 12 AGG. Diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, was der BAG in seiner Entscheidung vom 25.10.2007 zu Aktenzeichen 8 AZR 593/06 festgehalten hat. Der Arbeitgeber ist für diesen Fall gehalten, direkt gegen den Schädiger, also den anderen Arbeitnehmer bzw. einen Vorgesetzten, vorzugehen. Der Arbeitgeber hat nämlich die Möglichkeit, arbeitsrechtliche Maßnahmen durchzuführen. In Betracht kommen hierbei eine Abmahnung, eine Umsetzung oder eine Versetzung. Als ultima ratio hat der Arbeitgeber auch die Möglichkeit, dem betreffenden Arbeitnehmer zu kündigen. Weiter ist daran zu denken, dass der von einer „Mobbing“-Attacke betroffene Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern bzw. zurückhalten kann, bis der Arbeitgeber entsprechend tätig geworden ist bzw. ihm zusichert, dass er Verhaltensweisen des Schädigers nicht mehr dulden wird. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der betroffene „gemobbte“ Arbeitnehmer davon ausgehen muss, dass die „Mobbing“-Attacken weiterhin andauern werden. Hierbei ist es notwendig, dass der Arbeitnehmer, der „gemobbt“ wird, sozusagen ein Tagebuch über die „Mobbing“-Attacken führt. Er muss also im Einzelnen nachweisen können, welche Handlungen an welchem Tag durch wen in welcher Art und Weise durchgeführt wurden und warum sie aus seiner Sicht sich als „Mobbing“ darstellten. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass in den wenigsten Fällen unabhängige Zeugen vorhanden sind. Sollte dies doch einmal der Fall sein, so sollten auch die Namen der Zeugen entsprechend aufgeschrieben werden, da ein betroffener Arbeitnehmer nach einem halben Jahr sonst nicht mehr weiß, wer eine „Mobbing“-Attacke veranlasst hat.
Sofern das Mobbing gleichzeitig auch eine Belästigung darstellt, können weitere Ansprüche aus § 21 AGG in Betracht kommen. Es ist auch darüber nachzudenken, dass Unterlassungsansprüche analog den §§ 12, 862 und 1004 BGB geltend gemacht werden können.
Fraglich ist, ob bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen „Mobbings“ Ausschlussklauseln des Arbeitsvertrages beachtet werden müssen.
Oftmals findet man in Arbeitsverträgen Ausschlussklauseln, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zur Vermeidung ihres Verfalls innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich entschieden, dass solche Verfallklauseln auch für die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes gelten (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06). Allerdings beginnt die Ausschlussfrist erst mit dem zeitlich letzten Ereignis. Zugunsten der Arbeitnehmerschaft hat das Bundesarbeitsgericht jedoch entschieden, dass in „Mobbing“-Fällen die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelten Ausschlussfristen dahingehend auszulegen sind, dass sie nicht für vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen gelten. Dies bedeutet, dass also im Falle eines grob fahrlässigen Handelns eines Arbeitnehmers der Arbeitgeber nicht die Verfallklausel den Ansprüchen entgegenhalten kann.
Hinzuweisen ist darauf, dass in „Mobbing“-Fällen der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtverletzung und die unerlaubte Handlung trägt. Mit anderen Worten, der Arbeitnehmer muss die beanstandeten Verhaltensweisen des „Mobbings“ konkret darlegen und ggf. auch beweisen. Hierbei ist auch die Möglichkeit gegeben, dass er als Partei gemäß § 448 ZPO zu den „Mobbing“-Vorwürfen vernommen wird (BAG 14.11.2013 – 8 AZR 813/12). Deshalb ist es notwendig, dass eine konkrete Schilderung der „Mobbing“-Vorwürfe erfolgen kann, insbesondere auch unter Nennung des entsprechenden Tages und der beteiligten Personen sowie des Ablaufes.
Was die Kausalität anbelangt, so kann ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und der Erkrankung des Arbeitnehmers ein starkes Indiz für den „Mobbing“-Vorfall sein.
Mobbing – Aufgaben des Betriebsrates
Sofern in einem Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, kann sich der Arbeitnehmer mit einer Beschwerde an den Betriebsrat wegen eines „Mobbing“-Vorfalls wenden. Es gehört zu den originären Aufgaben des Betriebsrates, darüber zu wachen, dass alle Arbeitnehmer nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Insoweit ist der Betriebsrat auch verpflichtet und gehalten, die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu schützen und zu fördern. Dies ergibt sich aus § 75 BetrVG.
Als praktischer Hinweis ist darauf hinzuweisen, dass der Arbeitnehmer ein „Mobbing“-Tagebuch führt. Es ist auch unerlässlich, dass der Arbeitnehmer sich zeitnah an eine Person seines Vertrauens wendet, die dann auch wieder als Zeuge zur Verfügung steht. Bestenfalls ist dies natürlich der direkte Vorgesetzte des betroffenen Arbeitnehmers. Jedenfalls muss sichergestellt sein, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, Kenntnis von den „Mobbing“-Vorfällen zu erhalten. Ansonsten kann er nämlich nicht einschreiten.

